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Detox Your Friendships – warum es manchmal wichtig ist, Goodbye zu sagen

Wir detoxen unsere Haut, unseren Magen, unseren Kleiderschrank und unseren Handykonsum. Doch ein Bereich, der sich messbar auf unsere Gesundheit und unsere Emotionen auswirkt, entgiften wir viel zu selten: Unsere Freundschaften. Ich möchte heute mit euch teilen, warum mit »giftigen Freundschaften« niemanden geholfen ist, welche Freundschaftsformen näher beleuchtet werden dürfen und warum es sich lohnt, auf deine Intuition zu hören.

Seit über 30 Minuten sitzt diese Frau jetzt vor mir und redet. Sie redet, redet und redet. Es geht um einen Streit mit einer anderen Frau – den ich nachvollziehen kann, der mir aber auch ein wenig kindisch vorkommt und mehr Drama als konstruktiv zu sein scheint. Eigentlich sind wir befreundet. Irgendwie aus Netzwerk-Gründen. Und irgendwie auch, weil wir uns ganz sympathisch fanden. Sie ist smart, macht viele spannende Dinge und arbeitet in der gleichen Branche wie ich. Seit ein paar Wochen haben wir den »gute Bekannte« Status überschritten und, auch wenn sie keine Freundschafts-Liebe-auf-den-ersten-Blick war, habe ich mich darauf gefreut, sie besser kennenzulernen. Doch die letzten Treffen liefen immer wieder gleich. Ich stelle mir, während sie redet und wettert, vor, wie mein Freund mich Zuhause erst einmal kräftig mit Salbei abräuchern muss. Mit so viel Negativität, Pessimismus und Hass füllt sie gerade den Raum. Bin ich ihr emotionaler Mülleimer?

Wir Menschen sind soziale Wesen. Unsere Seele erfährt sich im Austausch und im Miteinander. Alleinsein ist toll und wichtig – zeitgleich brauchen wir Menschen um uns herum, die uns spiegeln, erden, herausfordern. In vielen, unabhängigen Studien wurde bewiesen, dass Freund*innen gut für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden sind. Sie sind seelische Unterstützung, bieten uns einen Zufluchtsort, lassen uns wissen, dass wir gehört, geliebt, gesehen werden. Das stärkt unser Immunsystem – denn mehr Zuneigung und Zuspruch = weniger Stress. Auch unser Selbstwertgefühl wird gesteigert, insbesondere wenn wir uns in echt und Farbe treffen und unser Gegenüber ganz nah erleben.

Bei besagtem Treffen erwische ich mich immer wieder, wie mein Kopf anfängt, Zeit-Rechnungen zu starten: »Du hättest gemütlich zum Markt gehen können in der vergeudeten Stunde. Oder mal wieder in Ruhe zum Yoga. Oh man – ich würde sogar lieber meine Buchhaltung machen, als mir noch eine weitere Minute dieses Gejammer anhören.« Ich halte es noch eine weitere halbe Stunde aus, dann greife ich panisch zu meinem Handy und schiebe eine andere Verabredung vor, die ich ja total vergessen hätte. Hust.

Egomanie, Neider & Co. – Zeit zu detoxen

Ohne Frage. Jede*r von uns hat das Recht auf einen schlechten Tag. Denn jeden Tag heile, heile Gänslei und eitel Sonnenschein bringen uns nicht voran. Manchmal muss man auch gemeinsam im Schlamm wühlen, um den Kern eines Problems zu finden oder eine Wunde wieder ein bisschen zu heilen. So wie der Lotus, der blütenrein aus dem schlammigsten Schlamm erwächst. Wenn du aber das Gefühl hast, tief in dem Bauch, dass dir hier gerade ein Mensch gegenübersitzt, dem es nicht um eine Lösung geht, sondern nur darum, sich ewiglich in einem, zwei oder vielen Probleme wie im Schlamm zu wälzen – dann solltest du diese Person auf jeden Fall darauf aufmerksam machen. Schenke den Raum, die Sicherheit, sodass deine Freund*innen Sorgen, Ängste und Bedenken mit dir teilen können. Aber lass es nicht die Basis sein, auf der eure »Freundschaft« wächst und gedeiht. Damit kommen wir schon zu Detox-Fall Nr. 1 – die Aussauger-Menschen.

Unter diese Kategorie fällt die Frau aus der besagten Szene. Diese Menschen nutzen deine Präsenz, um all den Müll, die giftigen Emotionen, den Stress bei dir, wie auf einer Müllkippe, abzuladen. Dabei saugen sie dich aus, wie eine hungrige Mücke. Das kann mal okay sein – aber bitte in Balance. Es lohnt sich hier, wirklich auf deinen Körper zu hören, der ganz oft ein perfektes Messgerät ist. Bist du nach gemeinsamen Treffen auffällig müde? Hast du vordere Kopfschmerzen? Fühlst du dich wie benutzt?

Dann gibt es die »Ich – Ich – Ich« Freunde. Sie nutzen jedes deiner Probleme, jeden einzelnen Schmerz oder jede deiner Ängste, um diese als Startvorlage für ihre eigenen Angelegenheit zu nutzen. Klassiker: »Ich bin so traurig, ich bekomme es einfach nicht hin, einen normalen Nachmittag mit meiner Mutter zu verbringen.« »Oh, ich weiß GANZ genau, was du meinst: Also, ich und meine Mutter, wir reden seit drei Monaten nicht mehr miteinander…«. BlaBliBlub. Die persönlichen Erfahrungen sind eine wertvolle Ressource, um Menschen Hoffnung zu spenden oder »Vergleiche« bieten zu können, aber sie sind nicht der Freifahrtschein dafür, um in absolute Egomanie zu verfallen. Hast du am Ende eures Treffens überhaupt über deine Anliegen sprechen können? Weißt die Person persönliche Dinge über dich – oder kennst nur du alles über sie?

Detox-Freundschaft Nr.3 sind die »Neider-Freunde«. Diese Menschen sind extrem manipulativ und giftig. Sie schieben vor, doch nur das Beste für dich zu wollen. Oft aus einem niedrigen Selbstwertgefühl und aus Eifersucht heraus. Sie setzen dir bei wichtigen Entscheidungen einen Floh ins Ohr und verhindern so, dass du dich weiterentwickelst und in deine Kraft kommst. Gab es bereits Momente, in denen du Entscheidungen bereut hast, bei denen du doch »gut beraten« wurdest?

Eine weitere Gruppe an Freundschaften, die ich mittlerweile gut einordnen kann, sind die »Gewohnheits-Freunde«. Das können sehr alte Freundschaften sein, zum Beispiel aus der Schule oder dem Kindergarten. Oder Menschen, die du aus der Uni oder dem Job kennst. Oft basieren sich schlichtweg auf Loyalitätsverstrickungen und Pflichterfüllung. Freut sich dein Herz über diese Begegnungen? Oder »nur« dein gutes Benehmen? Berühren dich diese Menschen? Kannst du etwas lernen und wirklich die Person vor ihnen sein, die du bist?

3 Fragen, die du an deine Freundschaften stellen darfst

Manchmal sieht man die Wahrheiten vor lauter Lunches, Smileys und Verpflichtungen nicht. Wenn ich an den Punkt gelange, an dem ich mich in und mit einer Freundschaft nicht mehr wohl fühle, stelle ich mir meistens folgende Fragen:

  1. Was gibt mir diese Freundschaft?
  2. Wie würde es sich anfühlen, wenn Person X nicht mehr in meinem Leben wäre?
  3. Fühle ich mich in irgendeiner Form verpflichtet? Und wenn ja, warum?

Für uns einzustehen und Menschen, die uns nicht guttun, aus unserem Leben zu detoxen, ist der größte Akt an Selbstliebe und Selbstwertschätzung, die du machen kannst. Denn du schenkst diesen Menschen Zeit – das kostbarste, was du in deinem Leben besitzt.

Credit: Roman Dachsel

Lara Keuthen ist studierte Kulturanthropologin, arbeitet als freie Texterin und fragt lieber zweimal nach als keinmal. Nach einer steilen Agenturkarriere hat sie sich dazu entschieden, dem Global-Player-System zu entfliehen. Ihr Herz schlägt für Spiritualität, Yoga und eine holistische Einstellung zum nachhaltigen Lebensstil.

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